Fachartikel HEV

Bauherrenaufgaben – eine nicht zu unterschätzende Herausforderung

    Bauen – Bei Bauprojekten stellt sich für Eigentümer die Frage, was zu tun ist, damit man am Ende das bekommt, was man sich vorgestellt hat. Und fast noch wichtiger: ob das, was man sich vorgestellt hat, die eigenen Ziele erfüllt und ob diese langfristig für die Liegenschaft das Richtige sind.

     

    Bauen, sei es das Sanieren, Umbauen oder Neubauen, wird in den Bereichen Planung, Bautechnik, Baumanagement, Nachhaltigkeit, Baurecht und nicht zuletzt auch aus Sicht der Wirtschaftlichkeit zunehmend anspruchsvoller. Gleichzeitig kommt dem Eigentümer im Bauprozess die tragende Rolle des Bauherrn zu. Indes verfügen viele nicht professionelle Bauherren weder über die notwendige Zeit noch über das erforderliche Fachwissen, um die anspruchsvolle Bauherrenfunktion kompetent wahrzunehmen. Die nachfolgenden Themen vermitteln einen groben Überblick über wesentliche Aufgaben eines Bauherrn.

     

    BAUPROJEKTE ALS ABFOLGE VON SCHRITTEN VERSTEHEN
    Bauprojekte und deren Planung lassen sich unabhängig von ihrer Grösse und Komplexität in verschiedene Schritte respektive Phasen unterteilen. Fast alle Phasenmodelle gehen dabei vom «Groben zum Feinen». In der Regel steht am Anfang eine Klärung der Bedürfnisse, der Ziele und der Machbarkeit. Danach wird mit geeigneten Partnern geplant und Kostensicherheit gewonnen. Auf dieser Basis geht es zur Umsetzung, die mit der Abnahme des mängelfreien Werkes und der Inbetriebnahme abgeschlossen wird. Anschliessend wird die Liegenschaft über viele Jahre genutzt. Da dies einen sehr langen Zeitraum umfassen kann, in welchem laufend Instandhaltungen und Instandsetzungen angezeigt sind, sind die kumulierten Betriebskosten einer Liegenschaft in der Regel um ein Vielfaches höher als die Erstellungskosten. Nur schon deshalb ist es angebracht, auch die Betriebsphase und den allfälligen späteren Rückbau als Bestandteil der Schrittabfolge von Bauprojekten zu verstehen.

     

    WISSEN, WAS MAN WILL
    Am Anfang gilt es, die Problemstellung und die Zielsetzung möglichst genau zu erfassen. Es ist sinnvoll, wenn schon bei diesem ersten Schritt eine Vorstellung vom ganzen Lebenszyklus respektive von den verschiedenen Nutzungsphasen, der Lebensdauer und dem erwarteten Betriebsaufwand der Liegenschaft besteht. Zu klären sind zudem die eigenen finanziellen und zeitlichen Möglichkeiten wie auch, falls erforderlich, die baurechtlichen Rahmenbedingungen oder der Zustand der vorhandenen Bausubstanz. Allenfalls zeigt sich bereits zu diesem Zeitpunkt, dass die Projektvorstellungen nicht machbar oder nicht wirtschaftlich sind. Handkehrum kann es sein, dass sich Wünsche verändern: Für einen Dachstockausbau, der eine Fassadenänderung und damit eine Baueingabe mit Energienachweis nach sich zieht, entsteht vielleicht eine etappierte Gesamtsanierung. Wer früh weiss, was er will und was machbar ist, wird in der Planung nur wenige teure Extraschlaufen machen müssen. Diese «Ziel- und Projektdefinition» ist eine klassische – und fast schon die wichtigste – Bauherrenaufgabe. Da dieser Schritt den grössten Einfluss auf ein Projekt hat, empfiehlt es sich, auf eine Beratung von Fachpersonen zurückzugreifen und von deren Erfahrung zu profitieren.

     

    GEEIGNETER PLANUNGSPARTNER FINDEN
    Sind die Projektvorstellungen einmal geschärft, muss der Bauherr geeignete Planungspartner finden. Bei der Wahl kommen in Bauprojekten die drei «klassischen» Kriterien Kosten, Qualität und Termine zum Tragen. Oft ist es so, dass zwei Kriterien das dritte «treiben». Wenn Sie also schnell und qualitativ hochwertig bauen wollen, dann werden die Kosten etwas höher liegen. Wenn Sie schnell und kostengünstig bauen wollen, könnte die Qualität leiden. Wenn Sie gute Qualität kostengünstig haben wollen, kann Sie dies in der Planung mehr Zeit kosten. Diese Binsenweisheiten treffen sicherlich nicht immer zu. Doch unabhängig davon, wo Ihre Prioritäten liegen, sollten Sie bei der Auswahl der Planer Referenzen einholen und die Planer anhand der priorisierten Kriterien auswählen. Auch wenn die Auswahl schliesslich nicht dem heissen Tipp des guten Bekannten entspricht.

     

    PLANEN UND REALISIEREN «NACH DEN REGELN DER BAUKUNDE»
    Nach der Wahl der geeigneten Planer kommt auf den Bauherrn eine Vielzahl von Aufgaben und Entscheiden zu, bei der er auf Fachwissen angewiesen ist. Es sind Planerverträge zu prüfen und abzuschliessen, gestalterische und technische Variantenentscheide zu fällen, Terminpläne und Kostenvoranschläge zu prüfen und freizugeben, Vergabeanträge für Bauleistungen zu genehmigen sowie die Bauabnahme, die Mängelbehebung und die Garantieansprüche durchzusetzen. All diese Aufgaben sollten möglichst so wahrgenommen werden, dass die Planung und Ausführung «nach den Regeln der Baukunde» ohne teure Zusätze und Verzögerungen erfolgen. Das Bestellte soll am Ende in der geforderten Qualität vorliegen, für die Nutzungsphase sind Garantiefragen geklärt, und es sollen Dokumentationen für das Handling, den Unterhalt und spätere Instandsetzungen vorhanden sein. Leider gilt auch im Bau: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

     

    ERNTE EINFAHREN
    Sind die Projektbedürfnisse und -ziele auf der Basis einer langfristigen Liegenschaftenstrategie festgelegt, die geeigneten Planer gefunden, Baukosten und Termine eingehalten, die Qualität sichergestellt, Garantiefragen sinnvoll vereinbart, Revisionsunterlagen vorhanden sowie Kosten für Betrieb, Unterhalt und Instandsetzung im Griff, kann die «Ernte eingefahren» werden. Das Bauobjekt kann für die vorgesehene Nutzungsdauer bezogen werden. Ob Sie sich als Bauherrn bei den oben genannten Aufgaben von unabhängiger Seite unterstützen lassen wollen, hängt von Ihren zeitlichen Ressourcen, Ihrem Know-how, aber auch von Ihrem Sicherheitsbedürfnis ab. Eine absolute Sicherheit gibt es jedoch beim Bauen nie. Dennoch: Der Einbezug von Fachleuten mit Erfahrungen aus anderen Projekten kann die Bauherren bei der Bewältigung der Aufgaben unterstützen und das Risiko von unliebsamen Überraschungen mindern.
    Text: Martin Boda

     

    Fachartikel als PDF: HEV 11/2016